„Prüfungsreif“ war die Zusammenfassung meines Fluglehrers nach der
dritten Flugstunde. Er meinte damit zwar nur den Teil mit dem koordinierten Kurvenflug
bei 30° und 45° Schräglage, aber was soll’s? Ich bin also ein Naturtalent was
Schräglangen angeht.
Nein, eher nicht. Fliegen ist immer noch Information Overkill und ich bin
noch Stunden von meiner Solo-Platzreife entfernt. Heinz muss noch viel zu oft,
die Kohlen aus dem Feuer holen. Oder er bringt mich erst in Schwierigkeiten
(siehe unten).
Eigentlich stand für die 2. und 3. Flugstunde der Kurvenflug auf dem
Programm. Ganz schön tricky, bei einem 360° Turn die Höhe zu halten. Ständig
ein Auge auf die Flugzeugnase und das Horiziontbild. Das andere Auge schaut
dahin, wohin wir fliegen – also in die Kurve hinein (so wie beim Motorradfahren).
Das dritte Auge schaut auf den künstlichen Horizont, um die Schräglage zu
messen (soll ich noch nicht), auf den Höhenmesser (soll ich auch nicht in der
Kurve) und manchmal auf den Drehzahlmesser (200 upm mehr beim Kurvenflug ab 45°).
Letzteres soll ich nach Gefühl machen. Ihr merkt selbst: So viele Augen hat
niemand.
Nach den ersten Versuchen lag der Höhenverlust noch bei 300-400 Fuß pro
Vollkreis. Nachher nur noch bei 50. In der Prüfung muss man unter 150 Fuß
bleiben. Daher das „Prüfungsreif“. Schön. Aber üben muss ich das trotzdem noch
1-2 mal…
Sehr cool ist bei 45° die deutlich erhöhte Masse. 1,4 G stehen an und bei
60° (die ich auch schon unfreiwillig geübt habe) sind es 2 G. Also kurz vor Top
Gun Niveau. Dann fühle ich mich richtig fett. Über dem Rursee hatten wir dann
bei 31° C Bodentemperatur massive Thermikeffekte, was zu einzelnen Böen führt
und die Maschine auch schon mal um 400 Fuß angehoben hat, ohne dass ich dafür
etwas tun musste. Das muss dieses Segelfliegen sein…
Und weil es so schön lief (wir waren übrigens beide Male über dem Rursee
unterwegs) und wir auf dem Rückflug noch Zeit hatten, gab mir Heinz einen Vorgeschmack
auf die nächste Stunde: Überzogener Flugzustand in Landkonfiguration.
Dazu wird mit ausgefahrenen Klappen die Nase immer höher genommen, bis wir in
einen Stall kommen. Das merkt man am Fahrtanzeiger, der unter 40 mph sinkt. Dann
pfeift es (Überziehwarnung an der Tragfläche) und das Flugzeug schüttelt sich.
Also Gas raus und Nase runter unter den Horizont, Vollgas und nach ein paar
Sekunden ist alles wieder gut.
So weit so schön. Dann nächste Übung im Leerlauf. Das Pfeifen und Schütteln
kommt früher und die Maschine kippte nach links in einen nicht enden wollenden
Sturzflug ab. Das waren zwar in Wirklichkeit nur 2 Sekunden und nach einem beherzten
Gasstoß mit der Nase nach unten und ordentlich Seitenruder nach rechts pendelt
sich die Cessna sofort wieder fast wie von selbst ein, aber der Adrenalinschub
war gewaltig. Alter! Und wieder: Finger vom Querruder.
Wenn Du die Erde auf einmal bildschirmfüllend in der Frontscheibe siehst und
der Magen einen Hüpfer macht, dann ist das erstmal ein Schock. Also für mich.
Nicht für Heinz. Aber mir wird klar, dass wir das noch öfter machen, damit die
Gegenmaßnahmen ins Fleisch und Blut über gehen. Als Laie zieht man da am
Höhenruder und das ist genau falsch. Drücken!
Bei der der Landung durfte ich schon mehr als vorher machen und ich eire
jetzt auch nicht mehr so sehr auf dem Flugfeld herum. Lenken mit den Füssen!
Auch das Funken klappt schon besser, auch wenn sich der Tower-Lotse
wahrscheinlich über meine Sprüche beömmelt. Keine Sorge das wird. Ich weiß ja
jetzt, dass es „Delta-Echo-Whiskey-Alpha-Delta Piste Null Sieben – QNH Eins
Null Eins Neun“ heißen muss und nicht „Whiskey“ anstelle „Piste“. Was nuschelt
der auch so?
Übermorgen geht es wieder rauf, wenn das Wetter mitspielt und danach
probiere ich das ganze mal im Simulator…